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Möglichkeitshorizonte

Zur Pluralität von Zukunftserwartungen und Handlungsoptionen in der Geschichte, Kontingenzgeschichten 4

Erschienen am 12.04.2018, Auflage: 1/2018
46,00 €
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783593508078
Sprache: Deutsch
Umfang: 365 S.
Format (T/L/B): 2.5 x 21.5 x 14 cm
Einband: Paperback

Beschreibung

Welche aktiven Haltungen haben Menschen in den vergangenen Jahrhunderten gegenüber der Zukunft eingenommen? Die Beiträge dieses Bandes erschließen Zukunftserwartungen von Akteuren und daraus erwachsende Handlungsoptionen - von der Antike bis heute. Somit wird auf ganz unterschiedlichen Praxisfeldern der Vorsorge, der vorausschauenden Planung und der Erstellung von Vorhersagen eine grundsätzliche Pluralität gesellschaftlicher Möglichkeitshorizonte erkennbar.

Autorenportrait

Markus Bernhardt ist Professor für Didaktik der Geschichte an der Universität Duisburg-Essen, Wolfgang Blösel ist dort Professor für Alte Geschichte, Stefan Brakensiek Professor für die Geschichte der Frühen Neuzeit, Benjamin Scheller Professor für die Geschichte des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit.

Leseprobe

Vorwort Die Beiträge dieses Bandes erschließen Zukunftserwartungen von Akteuren und daraus erwachsende Handlungsoptionen in verschiedenen historischen Konstellationen von der Antike bis heute. Die Autorinnen und Autoren hinterfragen theoretische Überlegungen, die von einem prinzipiell neuen Verhältnis zur Kontingenz als einem Charakteristikum der Moderne ausgehen. Sie setzen sich mit einem Narrativ auseinander, das eine kategoriale Differenz zwischen der westlichen Moderne und allen anderen Gesellschaften postuliert. Diese in den Sozial- und Kulturwissenschaften geläufige Meistererzählung bezieht sich in simplifizierender Weise auf das Sattelzeitkonzept von Reinhart Koselleck. Sie unterstellt, dass die dynamischen Veränderungen in Politik, Ökonomie und Sozialordnung, die sich in den westlichen Gesellschaften seit der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert fraglos zugetragen haben, in der Vorstellungswelt der Zeitgenossen eine bis dahin nie gesehene Weitung des Möglichkeitshorizontes bewirkt habe. Im Gegensatz zur westlichen Moderne sagt das Narrativ sowohl den älteren Epochen, als auch den Gesellschaften außerhalb des Westens nach, dass Kontingenz lediglich erlitten werde. Zwar gab es zweifellos unterschiedliche Formen des menschlichen Umgangs mit Kontingenz und Zäsuren in dessen Geschichte. Doch erscheint es zweifelhaft, ob diese auf der Basis von Unterscheidungen wie vormodern/ modern, passiv/aktiv und außerweltlich/innerweltlich angemessen beschreibbar sind. Das monolithische Verständnis von Gesellschaft, das dem Narrativ inhärent ist, das mit den genannten Unterscheidungen operiert, unterstellt, dass jede Gesellschaft nur einen Möglichkeitshorizont aufweist. Wie immer man Gesellschaft jedoch auch fasst, sie ist stets als differenziert zu denken: in soziale Gruppen, Stände, Klassen, Funktionssysteme etc., die alle ihre eigenen Erfahrungen und Erfahrungsräume besaßen und besitzen. Entsprechend ist davon auszugehen, dass es in jeder historisch gegebenen Gesellschaft eine Pluralität von Möglichkeitshorizonten als Folge der gegebenen Pluralität von Erfahrungsräumen gibt. In solch einer Perspektive ist damit zu rechnen, dass sich historischer Wandel bevorzugt in der Weitung und Verengung von Möglichkeitshorizonten zeigt. Die Beiträge dieses Bandes knüpfen an diese Vorüberlegungen an und loten exemplarisch die Pluralität gesellschaftlicher Möglichkeitshorizonte in der Geschichte aus. Zugleich spüren sie Prozessen ihrer Weitung und Verengung nach. Mit einem monolithischen Verständnis von Gesellschaft, das dieser einen einzigen Möglichkeitshorizont unterstellt, geht vielfach ein homogenisierendes Verständnis von Kultur einher, das diese mit einem Kollektiv von Akteuren, einer Epoche oder einem Raum als Ganzem identifiziert und so von anderen Kollektiven, Epochen oder Räume mit anderen Kulturen abgrenzt. Dabei wird Kultur implizit oder explizit vor allem als ein ideelles Phänomen verstanden, das seinen Ort im menschlichen Bewusstsein hat. Eben hier verorten die meisten geschichtlichen Entwürfe die historisch fassbaren Möglichkeitshorizonte. Praktiken und Handlungsstrategien, mit denen Menschen versuchen, diese Möglichkeiten zu realisieren oder zu verhindern, erscheinen als Resultat neuer Ideen beziehungsweise einer neuen Mentalität. Die Pluralität von Möglichkeitshorizonten in der Geschichte lässt sich so jedoch nicht erschließen, sondern nur, wenn außerdem Praktiken und Handlungen in den Blick genommen und darauf befragt werden, vor welchem Möglichkeitshorizont Akteure sie vollziehen. Denn Möglichkeitshorizonte sind nicht nur ein explizites Wissen, dass etwas künftig möglich ist, sondern auch (oftmals implizites) Wissen, wie etwas möglich ist bzw. möglich aber auch unmöglich gemacht werden kann. Als Untersuchungsgegenstände dienen den Beiträgen daher weniger die Zukunftsvorstellungen intellektueller Eliten, sondern bevorzugt die aktiven Haltungen, die Akteure zur Zukunft einnehmen, und ihre Handlungsoptionen, die diese aktiven Hal